Alle Jahre wieder - Neuerungen in der Einkommensteuer durch das JStG 2020

Am 16. Dezember 2020 hat der Bundestag das Jahressteuergesetz 2020 verabschiedet.1 Der Bundesrat hat diesem Gesetz in seiner letzten Sitzung des Jahres 2020 am 18. Dezember 2020 seine finale Zustimmung erteilt.2 Somit treten zum Jahreswechsel traditionell eine Vielzahl an Änderungen im Steuerrecht in Kraft. Das Gesetz beinhaltet sowohl notwendige Anpassungen an das EU-Recht, respektive die Rechtsprechung des EuGHs sowie Reaktionen des Gesetzgebers auf aktuelle BFH-Rechtssprechung. Des Weiteren werden in diversen Einzelsteuergesetzen technischer Regelungsbedarf im Hinblick auf Verfahrens- und Zuständigkeitsfragen, Folgeänderungen sowie Anpassungen aufgrund von vorangegangenen Gesetzesänderungen und Fehlerkorrekturen umgesetzt.3 Natürlich beinhaltet das Gesetz – wie sollte es sich in der aktuellen Situation auch anders darstellen - eine Reaktion auf die aktuelle Corona-Pandemie. 

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Der letzte Punkt verspricht Steuervergünstigungen, wodurch sich der Gesetzgeber eine Entlastung der durch die Corona-Pandemie belasteten wirtschaftlichen Betriebe sowie deren Angestellten und daraus resultierend eine höhere Kaufkraft erhofft. Auf der anderen Seite fallen bisher gewährte Freibeträge und steuerliche Erleichterungen wieder weg. Als wichtigster Punkt ist an dieser Stelle der Wegfall der befristeten Senkung der Umsatzsteuersätze zu nennen. An dieser Stelle verweisen wir auf den detaillierten und bereits veröffentlichten Artikel von Tatjana Kirsch. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Änderungen des Einkommensteuergesetzes vor, die aus dem Jahressteuergesetz 2020 resultieren. 


Einführung einer Home-Office-Pauschale

In Folge der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung Unternehmen wiederholt dazu aufgefordert, ihren Mitarbeitern – soweit möglich - großzügige Home-Office-Regelungen anzubieten. Um den im Home-Office entstehenden, zusätzlichen Kosten wie Energieverbrauch entgegen zu wirken, wurde dem § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG der Satz 4 hinzugefügt. Diese Erleichterung können neben Angestellten auch andere natürliche Personen in Anspruch nehmen, die ihre berufliche oder betriebliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung ausführen. 

Der Gesetzgeber gewährt dem Steuerpflichtigen hier eine Pauschale von fünf Euro pro Kalendertag, höchstens jedoch 600 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, die dieser als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben steuerlich berücksichtigen darf. Vor der Gesetzesänderung waren Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten bis zu einer maximalen Höhe von 1.250 Euro für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann abziehbar, wenn kein anderer Arbeitsplatz für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung stand. Nur in Fällen, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, ist ein unbegrenzter Betriebsausgabenabzug gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG möglich. 

Dies gilt gem. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG ebenfalls für den Werbungskostenabzug. Eine Ansetzung der Pauschale zusätzlich zu den Kosten eines qualifizierten Arbeitszimmers scheidet aus. In einem solchen Fall hat die Berücksichtigung der Werbungskosten/Betriebsausgabe, die aus dem qualifizierten Arbeitszimmer gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b der Satz 1 und 2 EStG resultiert, Vorrang. 

Die Pauschale von fünf Euro pro Kalendertag wird nur für Tage gewährt, an denen die berufliche Betätigung ausschließlich im Home-Office ausgeübt wurde und keine weitere Betätigungsstätte aufgesucht wurde. Somit scheidet eine parallele Ansetzung der Pendlerpauschale oder Fahrtkosten zum Aufsuchen einer auswärtigen Tätigkeitsstätte für den selben Tag aus. Die Home-Office-Pauschale wird auf den Werbungskostenpauschbetrag iHv. 1.000 Euro angerechnet und gem. § 52 Abs. 6 Satz 13 EStG für die Jahre 2020 und 2021 gewährt.

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Verlängerung der Zahlungsfrist für steuerfreie Corona-Sonderzahlungen

Die Befristung der gem. § 3 Nr. 11a EStG steuerfreien Corona Sonderzahlung ist von ursprünglich 31. Dezember 2020 bis zum 30. Juni 2021 verlängert worden. Der Arbeitgeber kann seinen Arbeitnehmern in diesem Rahmen einen Zuschuss oder Sachbezug bis zu einem Wert von maximal 1.500 Euro gewähren. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt und dass sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers handelt, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird. Somit ist auch eine Sonderzahlung an einen Minijobber (450 Euro) möglich, ohne dass dies eine Besteuerung oder eine Umqualifizierung des Beschäftigungsverhältnisses zur Folge hat. Die Ausdehnung der Regelungsbefristung führt nicht dazu, dass ein Arbeitgeber zusätzlich zu den in 2020 bereits getätigten Sonderzahlungen erneut 1.500 Euro steuerfrei auszahlen kann. Die Wertgrenzen bleiben somit bestehen. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen.  

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Verlängerung der Steuerbefreiung von Zuschüssen des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld

Die im ersten Corona-Steuerhilfegesetz nach § 3 Nr. 28 a EStG eingeführte Möglichkeit zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes war zunächst auf die Lohnzahlungszeiträume März bis Dezember 2020 begrenzt. Durch das JStG 2020 wurde diese Möglichkeit - analog zur maximalen Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes - bis zum 31. Dezember 2021 verlängert. So darf der Arbeitsgeber weiterhin Zuschüsse leisten, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des dritten Sozialgesetzbuchs nicht übersteigen. Zu beachten ist hierbei, dass der Leistungssatz der Agentur für Arbeit ab dem vierten Bezugsmonat von 60 Prozent (bzw. 67 Prozent sofern mindestens ein Kind im Haushalt des Leistungsempfängers lebt) auf 70 Prozent (bzw. 77 Prozent mit Kind) und ab dem 7. Bezugsmonat auf 80 Prozent (bzw. 87 Prozent mit Kind) des ausgefallenen Nettoentgelts steigt. Die Bezugsmonate müssen dabei nicht zusammenhängen. Somit ist eine Zuzahlungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber zwar auch in 2021 grundsätzlich weiterhin möglich, allerdings schmilzt der Maximalbetrag bei fortschreitender Bezugsdauer bis auf null ab.

Bitte beachten Sie, dass sowohl das Kurzarbeitergeld gem. § 32 b Abs. 1 Nr. 1 a EStG als auch der steuerfreie Aufstockungsbetrag nach § 32 b Abs. 1 Nr. 1 g EStG dem Progressionsvorbehalt unterliegt. Somit sind beide Leistungen gem. § 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG in der jährlichen Lohnsteuerbescheinigung aufzuführen. Übersteigt die Summe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte den Betrag von 410 Euro, so unterliegt der Leistungsempfänger gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG einer Pflichtveranlagung. Dies dürfte zumindest bei mehrmonatigem Bezug von Kurzarbeitergeld die Regel darstellen. Ein entsprechender Hinweis an die betroffenen Arbeitnehmer kann einer verspäteten Abgabe der Steuererklärung und folglich der Festsetzung eines Verspätungszuschlags vorbeugen.


Änderung der Voraussetzungen für den Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG

Durch die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen gem. § 7g EStG kann - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen - Aufwand für Abschreibungen für künftige Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in ein vor dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung belegendes Wirtschaftsjahr vorgezogen werden. Dadurch wird im Jahr der Inanspruchnahme die Steuerbelastung gesenkt, was zu einer erhöhten Liquidität führt. Dieses Kapital kann wiederum zur Finanzierung des Investitionsvorhabens eingesetzt werden, was zusätzlich eine Einsparung von Finanzierungsaufwendungen zur Folge haben kann.

Die Anspruchsvoraussetzungen ändern sich wie folgt dargestellt für Investitionsabzugsbeträge, die in nach dem 31.12.2019 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden:

  • Die Gewinngrenze beträgt einheitlich für alle Einkunftsarten 200.000 Euro (bisher unterschiedliche Grenzen für verschiedene Einkunftsarten);
  • Investitionsabzugsbeträge bzw. Sonderabschreibungen können auch für vermietete Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden, sofern diese die übrigen Voraussetzungen erfüllen (zuvor war im Jahr der Investition und im Folgejahr eine mindestens 90 prozentige Nutzung im eigenen Betrieb Voraussetzung);
  • der Anteil der begünstigten Investitionskosten erhöht sich von 40 Prozent auf 50 Prozent.

Durch diese Änderungen nimmt der Gesetzgeber nicht nur eine Vereinheitlichung der Gewinngrenzen vor, sondern sorgt ebenfalls für eine zielgerichtetere Anwendbarkeit für kleinere und mittlerer Betriebe. Gleichzeitig wird für die anspruchsberechtigten Unternehmen eine erhöhte Liquiditätsschonung erreicht sowie die Flexibilität der Verwendbarkeit der begünstigten Wirtschaftsgüter erhöht.  

Gem. § 7g Abs. 6 Nr. 1 EStG ist diese Änderung gleichermaßen auch für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG anzuwenden. Durch diese Regelung kann der Steuerpflichtige im Jahr der Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsguts und in den folgenden vier Jahren eine Sonderabschreibung von bis zu 20 Prozent zusätzlich zur regulären Abschreibung vornehmen. Eine parallele Anwendung des Investitionsabzugsbetrags ist möglich. 

Bei Personengesellschaften und Gemeinschaften nach § 7g Abs. 7 Satz 2 und 3 EStG gilt zu beachten, dass eine Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags nur in jenem Vermögensbereich zulässig ist, in dem der Abzug erfolgt ist. Dies stellt eine Abweichung zur BFH-Rechtsprechung (Beschluss vom 15.11.2017, VI R 44/16) dar, wonach eine begünstigte Investition i.S. des § 7g EStG auch dann vorlag, wenn der Investitionsabzugsbetrag im Geamthandsvermögen gebildet wurde, die spätere Investition jedoch im Sonderbetriebsvermögen erfolgte. Diese Verschärfung gilt erstmals für Investitionsabzugsbeträge, die in nach dem 31.12.2020 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.