(Keine) Umsatzsteuerpflicht für den Fahrschulunterricht

Autoren:
Dr. Lukas Karrenbrock, StB; Anne Engelhardt (BA)
14.08.2017, NWB 33, Urteil der Woche, S. 2480f.

BFH, Beschluss vom 16.3.2017 - V R 38/16

Während für die Erteilung von Fahrschulunterricht für die Klassen C, CE, D, DE, D1, D1E sowie T und L – im wesentlichen Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen, Omnibusse sowie land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen – eine Steuerbefreiung im Rahmen von Bildungsleistungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG anwendbar ist, hält die Finanzverwaltung für die Fahrerlaubnisklassen A und B – ehemals Fahrerlaubnisklasse 1 und 3 – an einem BFH-Urteil aus den 70er Jahren fest (BFH, Urteil vom 14.3.1974 - V R 54/73, BStBl 1974 II S. 527). Nach damaliger Auffassung des V. Senats ergänze Fahrschulunterricht der Klasse 1 und 3 zwar die öffentliche Schultätigkeit, jedoch fehle ihm die Eigenschaft einer berufsbildenden Einrichtung. Die besagten Leistungen sind somit nicht umsatzsteuerfrei zu behandeln. Im Hinblick auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j der MwStSystRL, die die unionsrechtliche Grundlage des § 4 Nr. 21 UStG bilden, ist eine derartige Rechtsauffassung höchst umstritten.

Erstinstanzliche Entscheidungen, die teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, liegen bereits vom FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 10.11.2015 - 5 V 5144/15 [IAAAF-45683]), FG Sachsen (Urteil vom 14.4.2016 - 1 V 167/16, nv), FG Baden-Württemberg (Urteil vom 8.2.2017 - 1 V 3464/16 [XAAAG-40004]) sowie FG Niedersachsen (Urteil vom 26.5.2016 - 11 K 10284/15 [ZAAAF-78809], Rev. eingelegt, o. g. Beschluss vom 16.3.2017 - V R 38/16 [CAAAG-51400]) vor. Sollte die Bundesrepublik die entsprechende Norm der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht EUkonform im nationalen Recht umgesetzt haben – wie vom FG Berlin-Brandenburg, vom FG Niedersachsen sowie vom FG Baden-Württemberg angenommen – besteht für Steuerpflichtige die Möglichkeit sich direkt auf die Richtlinie zu berufen. Auch der V. Senat des BFH zieht die Möglichkeit der unmittelbaren Berufbarkeit auf Unionsrecht in seinen Entscheidungsgründen in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 16.3.2017 - V R 38/16 [CAAAG-51400], Rn. 28) und richtet daher ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH bzgl. vier konkreter Auslegungsfragen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie.

Hierbei handelt es sich (verkürzt) um folgende Vorlagefragen:

1. Ist der Fahrschulunterricht für die Klassen B und C1 unter Art. 132 Abs. 1 Buchst. i und j MwStSystRL zu subsumieren?

2. Sollte Frage 1 zu bejahen sein: Sind die gesetzlichen Regelungen über die Fahrlehrerprüfung, die Fahrlehr- und Fahrschulerlaubnis sowie das Gemeinwohlinteresse an der Ausbildung von Fahrschülern als Anerkennungsnachweis für eine berufsbildende Einrichtung zu werten?

3. Setzt die Annahme des Merkmals „Privatlehrer“ die Rechtsform eines Einzelunternehmers voraus?

4. Sollten die Fragen 2 und 3 zu verneinen sein: Ist das Merkmal „Privatlehrer“ gem. Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL bereits dann erfüllt, wenn die Leistung für eigene Rechnung

Den Kommentar von Dr. Lukas Karrenbrock und Anne Engelhardt hierzu lesen Sie unter NWB, Nr. 33/2017, S. 2480f.